In der Juma-Moschee in Tblisi (Georgien)

Aufnahme mit einem Sony PCM-M10 am 10.10.2025, nachbearbeitet mit WaveLab Pro 12

Diese zweite Version der Aufnahme aus der Juma Mosque von Tbilisi wirkt feiner austariert, transparenter. Die Stimme(n) stehen nun deutlicher im Vordergrund – klarer gezeichnet, aber weiterhin eingebettet in den weiten, hallenden Körper der Moschee.
Man hört, wie die Rezitantin, – ein Mädchen, das sitzend im Kreis (vermutlich) ihrer Familie eine melismatische Rezitation singt – Silben mit fein abgestuften Tonhöhen – die Verse in länglich gezogenen, atmenden Bögen mit fein abgestuften Tonhöhen vorträgt. Ihre Stimme schwingt zwischen sanftem Sprechen und melodischem Singen.
Der Raum selbst ist hier weniger dominant als in der ersten Version, aber er bleibt spürbar: die Rezitation und die Stimmen und Geräusche der anderen in der Moschee anwesenden Personen hallen nach. Zum ende der Aufnahme kommt auch das dumpfe Geräusch draußen an Moschee vorbeifahrenden Autos hinzu.

Die melodische Bewegung zeigt typische Elemente der Koranrezitation: mikrotonale Gleitsprünge, feine Ornamentierungen am Ende der Phrasen, Rückkehr zum Grundton. Besonders auffällig ist, wie sich einzelne Silben ausdehnen, fast meditativ, bevor sie in der Stille verschwinden. Man spürt den Versuch, Bedeutung in Klang zu verwandeln, Worte in Schwingung, Gebet in Resonanz.

Der Begriff Koranrezitation bezeichnet verschiedene Formen des Koranvortrags, denen in der islamischen Glaubenspraxis aufgrund der auf Mündlichkeit ausgelegten Gestaltung der Heiligen Schrift, die sich bereits in der Grundbedeutung des Wortes Koran zeigt, besondere Bedeutung zukommt. Allgemein für jede Form der Koranlesung sind im Arabischen die Begriffe تلاوة / Tilāwa und قراءة / Qirāʾa gebräuchlich; mit letzterem werden jedoch vor allem auch die Lesarten des Korans bezeichnet.
Die Lehre von der rituellen, sorgfältigen Rezitation des Koran als bedeutender Teildisziplin der Koranwissenschaften wird als Tadschwīd (arabisch تجويد, taǧwīd ‚Verschönerung‘) bezeichnet. Sie befasst sich etwa mit der Normierung der Aussprache, der bei der Rezitation zu beachtenden Vortragsgeschwindigkeit, der korrekten Setzung von Pausen und mit den äußeren Rahmenbedingungen, die beim gottesdienstlichen Vortrag des Koran (تَرْتِيل / Tartīl) zu gelten haben.
Der Koran ist in seiner textuellen Gestaltung sehr deutlich eher auf den mündlichen, öffentlichen Vortrag denn auf stille Lektüre ausgelegt. Äußerlich erkennbar ist das bereits an der wörtlichen Bedeutung des Wortes ‚Koran‘ selbst: al-qurʾān meint „die Lesung, Rezitation“, den „Vortrag“. Streng genommen handelt es sich bei dem Wort Koranrezitation also um einen Pleonasmus.
Wesentlich für die Bedeutung, die der Koranrezitation zugesprochen wird, ist auch das Dogma von der „Unnachahmlichkeit des Korans“ (arabisch إعجاز القرآن, iʿǧāz al-qurʾān), das der Heiligen Schrift selbst Wundercharakter verleiht und den prophetischen Anspruch Mohammeds untermauert.
Die ‚Kunst der Koranrezitation‘ (arabisch علم التجويد, ʿilm at-taǧwīd) ist als Teildisziplin der Wissenschaft von den Koranlesarten (arabisch علم القراءات, ʿilm al-qirāʾāt) spätestens ab dem neunten Jahrhundert entwickelt worden. Die Qualität einer Rezitation misst sich demnach neben der Artikulation und dem Sprechtempo vor allem an der phonetisch und semantisch korrekten Setzung von Pausen nach syntaktischen oder inhaltlichen Einheiten. Moderne Exemplare des Koran, die speziell zum Zweck der kunstvollen Rezitation gedruckt sind, enthalten daher oft farbliche Markierungen an Textstellen, an denen Pausen gesetzt werden können oder müssen.
Wesentlich ist auch die Klassifikation arabischer Phoneme nach Artikulationsort und Artikulationsart. Vor allem auf die richtige Aussprache emphatischer Laute wird großer Wert gelegt. Neben solchen technischen Sprechanweisungen enthalten die Anleitungen zur Koranrezitation in der Regel zudem einen Abschnitt zu den آداب التلاوة / ādāb at-tilāwa, dem korrekten Benehmen vor und während des Vortrags. Bedeutsam ist hier vor allem die richtige Intention und die rituelle Reinheit während der Lesung und die Ausrichtung des Körpers nach der Qibla. Die Ausbildung von Koranrezitatoren beginnt zumeist bereits im Kindesalter.

(Quelle: Wikipedia ‚Koranrezitation‘)

Shin-Buddhism for Urban Wanderers

Not the Mountain, but the Street. “Namu Amida Butsu” — the central call of Shin Buddhism. You can breathe it, think it, walk it.

You do not find the goal — it finds you.

Shin-Buddhism for Urban Wanderers. A Dossier for Seekers on Asphalt Paths

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Morgenzeremonie im Amida-dō (阿弥陀堂) des Higashi Hongan-ji-Tempels in Kyoto

Aufnahme mit einem Sony PCM-M10 am 29.03.2025, nachbearbeitet mit WaveLab Pro 12

Die Aufnahme dokumentiert eine morgendliche buddhistische Zeremonie im Amida-dō (阿弥陀堂) des Higashi Hongan-ji-Tempels in Kyōto. Ich betrete den Tempel und begebe mich wie die anderen Anwesenden in den Fersensitz (seiza, 正座 – diese Haltung ist in japanisch-buddhistischen Kontexten üblich, besonders bei formellen Zeremonien. Sie signalisiert Respekt, Hingabe und Konzentration). Die Aufnahme beginnt mit dem Anschalten des Aufnahme-Rekorders, den ich auf meine Tasche gelegt habe. Sehr leise betreten dann die Mönche den Raum und setzten sich. Ab 1 min/7 sec wird ein Gong geschlagen und die Chor-Rezitation beginnt. Hierbei handelt es sich um rhythmisch und tonal strukturierte, langgezogene Chor-Rezitationen im shōmyō-Stil (声明), der typisch ist für formelle Jōdo-Shinshū-Rituale. Mehrfach ist deutlich das Mantra „Namu Amida Butsu“ (南無阿弥陀仏) zu hören – die zentrale Praxisform der Jōdo-Shinshū: das rezitierende Anrufen des Buddha Amida als Ausdruck von Vertrauen und Hingabe. Die Rezitation endet mit mehreren Gongschlägen bei 2 min/40 sec. Danach verlassen die Mönche und die anderen Anwesenden den Tempel.

Der Shin-Buddhismus – eigentlich: Jōdo-Shinshū (浄土真宗, wörtlich: „Die wahre Schule des Reinen Landes“) – ist eine der bedeutendsten und meistverbreiteten buddhistischen Schulen in Japan. Er gehört zur sogenannten Reines-Land-Tradition (Jōdo-shū), ist demnach dem Amidismus zugehörig. Im Zentrum ihrer Lehre steht das Vertrauen in den transzendenten Buddha Amitabha (japanisch 阿弥陀 Amida) und die Hoffnung auf eine Wiedergeburt in seinem „Reinen Land“ (jōdo 浄土). Die Schule basiert auf dem Sukhâvatîvyuûhasûtra (japanisch 阿弥陀経 Amida-kyō), dem Sûtra des Landes der Glückseligkeit. Gestiftet wurde die Shinshū von Shinran Shōnin (親鸞聖人1173–1263), später wurde sie von Rennyo Shōnin (蓮如, 1415–1499) weiter ausgebildet. Shinran Shōnin war Schüler von Hōnen Shōnin (法然上人,1133-1212) dem Gründer der Reines-Land-Schule, er entwickelte aber seine eigene, sehr persönliche und sozial radikale Auslegung der Reines-Land-Lehre. Das zentrale Ziel ist die Wiedergeburt im „Reinen Land“ (Jōdo 浄土) des Buddha Amida (Amitābha). Dieses Reine Land ist kein „Himmel“, sondern ein Zustand oder Bereich jenseits von Leid und Verblendung, in dem Erleuchtung möglich wird. Shinshū’s zentraler Praxisweg ist nicht Meditation, Askese oder Verdienstansammlung wie in anderen Schulen, sondern Vertrauen (Shinjin) in die Kraft des Buddha Amida, der durch sein Gelübde allen Wesen die Wiedergeburt im Reinen Land verspricht. Ausdruck dieses Vertrauens ist Nembutsu – das rezitierte Anrufen des Namens „Namu Amida Butsu“ (南無阿弥陀仏, „Ich nehme Zuflucht zu Amida Buddha“).  Das Nembutsu ist kein magischer Zauberspruch, es hat keinen Einfluss auf den Akt der Befreiung, sondern ist nur Ausdruck des Dankes für die Zusicherung der Befreiung durch Amida und einer inneren Verbundenheit.